Mecklenburger Seen (Teil 2):
Von Sternberg zurück an die Müritz

Die nächste Stadt auf meiner Route ist Sternberg – ein beschaulicher Ferienort mit knapp 4.300 Einwohnern, der – wie der Name schon vermuten lässt – auf einem Hügel oberhalb zweier Seen liegt. Interessant sind hier vor allem die gotische Stadtkirche und das markante, fast mediterran wirkende Rathaus. Nachdem ich mir die Stadt angesehen haben, lege ich noch eine Mittagspause im Marktplatz-Restaurant ein, bevor es weitergeht.

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Auf der Route des Mecklenburgische Seen-Rundwegs fahre ich weiter in Richtung Dobbertin. Die Landschaft ist hier (und auf dem gesamten 2. Teil meiner Tour) leider stärker agrarindustriell geprägt, und im Gegensatz zur Mecklenburgischen Schweiz sind hier nur noch wenige Wildblumen an den Wegrändern zu finden.

Schöner wird es dann wieder, als ich mich am späten Nachmittag dem Kloster Dobbertin nähere – ein weitläufiger Komplex mit zahlreichen und sehr gut erhaltenen gotischen Backsteingebäuden, gelegen auf einer Halbinsel am Dobbertiner See. Das Kloster wurde bereits 1220 als Benediktinerkloster gegründet, war danach ein Nonnenkloster und ein Damenstift. Heute wird die Anlage von der Diakonie betrieben und ist Heimat von 280 Menschen mit Behinderung.

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Unweit des Klosters finde ich dann einen perfekt gelegenen Schlafplatz mit einem tollen Weitblick über die Felder. Sogar die Türme der Dobbertiner Klosterkirche sind noch in der Ferne erkennbar.

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Als ich am Abend bereits in meinem Zelt sitze, nähert sich plötzlich ein Geländewagen. Es sind zwei misstrauische Jäger, die wissen möchten, was ich dort mache. Sie sind jedoch beruhigt, als ich mich als Radfahrer zu erkennen gebe, denn offenbar kennen sie die Gesetzeslage sehr gut: Radfahrern und Wanderern ist in Mecklenburg-Vorpommern das Kampieren für eine Nacht in der freien Natur laut Landesnaturschutzgesetz erlaubt (Gleiches gilt für Brandenburg und Schleswig-Holstein). Dass man sich dabei ruhig verhält, keine Tiere stört und keinen Müll hinterlässt, ist für Outdoorfreunde natürlich eine Ehrensache. Nach einem kurzen Gespräch verabschieden sich die Jäger freundlich. In der Dämmerung sitze ich noch lange wach und beobachte Falken sowie einen Fuchs bei der Jagd. In der Nacht sind dann auch einige Fuchsrufe zu hören.

Vierter Tag: Im nur wenige Kilometer entfernten Goldberg frühstücke ich auf einem Picknickplatz, der etwas abseits an einem alten Bahngleis liegt, da der Ort merkwürdigerweise über keinen zentralen Marktplatz verfügt und auch sonst kaum Sitzgelegenheiten zu finden sind. Der 3.600-Einwohner-Ort leidet zudem an einem auffälligen Leerstand – ein Großteil der Häuser an der Haupstraße steht leer – was wohl auch daran liegen dürfte, dass eine stark befahrene Bundesstraße quer durch die Ortsmitte führt, obwohl die Straße zwischen den kleinen historischen Fachwerkgebäuden nur wenige Meter breit ist. Und wer möchte schon, dass der Schwerlastverkehr zwei Meter an seinem Schlafzimmer vorbeibrettert?

Mecklenburg_29   Landschaft bei Goldberg

Weiter geht es über Woosten und Penzlin durch endlose Getreidefelderlandschaften, was sich angesichts sommerlicher 27 Grad und oft langer, schattenloser Passagen zu einer recht schweißtreibenden Angelegenheit entwickelt.

Gegen Mittag erreiche ich die nächste Stadt: Plau am See (von slawisch plawe = Flößerei) – ein lebendiger Ferienort mit 9.000 Einwohnern, gelegen am Westufer des Plauer Sees (drittgrößter See in Mecklenburg-Vorpommern und siebtgrößter See in Deutschland). In der Stadt herrscht reger Betrieb und vermutlich ist Plau auch die schönste Stadt auf meiner Tour, was sie neben den zahlreichen historischen Gebäuden nicht zuletzt der idyllischen Uferpromenade entlang des Flusses Elde verdankt, der hier in den Plauer See mündet.

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In Plau kann man es eine Weile aushalten. Sogar einen kleinen Wochenmarkt gibt es, und ich kaufe Obst und Käse als Proviant. Südlich des Ortes finde ich noch eine Bademöglichkeit, anschließend geht es weiter auf dem Plauer-See-Rundweg, auf dem ich den See auf der südlichen Route umfahren möchte. Der Waldweg ist jedoch stark frequentiert und hat sich unter zahllosen Fahrradreifen in eine weiche Pulversandpiste verwandelt, so dass ich ab Bad Stuer auf der Landstraße weiterfahre. Bei dem abgebildeten Käfer handelt es sich übrigens um einen Balkenschröter (Dorcus parallelipipedus) – einen kleineren Verwandten des Hirschkäfers, den ich am Ostufer des Sees bei Lenz auf einem Waldweg entdecke.

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Gegen 18 Uhr erreiche ich Malchow – ein früheres Fischerdorf, dessen Altstadt sich auf einer Insel inmitten des Malchower Sees befindet. Die Stadt besteht damit praktisch aus 3 Teilen: der Westteil mit seiner neugotischen Stadtkirche, die Altstadtinsel sowie der Ostteil, auf dem die Silhouette des Klosters Malchow zu erkennen ist (Bild rechts). Aufgrund der Lage inmitten mehrerer großer Seen ist Malchow ein beliebter Ferienort. Insbesondere an der 2012 neu gebauten Drehbrücke herrscht reger Betrieb, da hier pro Jahr 20.000 Boote die engste Stelle zwischen Plauer See und Müritz passieren. In den Seitenstraßen geht es dagegen recht verschlafen zu.

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Nun wird es wieder Zeit für die Suche nach einem Schlafplatz und auch hier habe ich Glück: Am gegenüberliegenden Ufer finde ich erneut einen schönen Platz mit einem tollem Weitblick über die Felder und auf den Turm der Malchower Klosterkirche. In der Dämmerung beobachte ich Fischadler sowie drei Feldhasen, die sich in unmittelbarer Nähe zu meinem Zelt wilde Verfolgungsjagden liefern.

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Fünfter Tag. Der letzte Tag meiner Tour ist der Rückreisetag, und es geht auf nur noch 35 km zurück nach Waren. Südlich der Stadt treffe ich auf das Ufer der Müritz (von slawisch morče = kleines Meer) und habe noch einmal die Gelegenheit ein erfrischendes Bad zu nehmen. Das Wasser des Sees hat eine wirklich erstaunliche Qualität und ist kristallklar. Auch zahlreiche kleine Fische sind zu sehen.

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Derart erholt drehe ich noch eine Runde durch die Stadt. Waren ist mit 21.000 Einwohnern (nach Güstrow) die zweitgrößte Stadt auf meiner Tour, aber mit Abstand die lebendigste. Zahllose Touristen bevölkern den Hafen, warten auf einen der Ausflugsdampfer oder flanieren durch die Fußgängerzone. Leider gibt es hier auch alle Bausünden zu besichtigen, den die aktuell moderne Billigbauweise hervorbringt, aber die Touristen scheint es nicht zu stören.

Mecklenburg_50   Waren/Müritz

Am frühen Nachmittag besteige ich schließlich wieder den Regionalzug, der hier alle 2 Stunden nach Berlin fährt, und erreiche Berlin Hbf nach rund 1:45 Stunden Fahrzeit.

Zurückgelegte Strecke: 306 km