Durch das Westhavelland zum Gülper See

Der Naturpark Westhavelland gilt als eines der größten zusammenhängenden Feuchtgebiete Mitteleuropas. Unter Vogelbeobachtern ist vor allem der Gülper See sehr bekannt, der im Frühjahr und Hebst von zahlreichen Wasservögeln bevölkert wird, die ihn als Rast- oder Brutgebiet nutzen. Für mich Grund genug, mir diese Region bei einer Tagestour einmal etwas genauer anzusehen.

Ich starte gegen 8.00 Uhr am Bahnhof Rathenow und fahre zunächst in Richtung Hafenpromenade, die sich am Rathenower Stadtkanal befindet, einem Seitenarm der Havel. Hier drehe ich eine kurze Runde durch die überschaubare Altstadt, die sich rund um den Kirchberg und die weithin sichtbare Sankt-Marien-Andreas-Kirche befindet.

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Ab Rathenow bietet sich die Möglichkeit links der Havel dem Havelradweg oder aber landeinwärts dem Radfernweg Tour Brandenburg zu folgen. Ich entscheide mich für die Bundesstraße in Richtung Hohennauen, die auf der rechten Seite der Havel entlang führt. Diese ist zwar etwas eintönig, führt mich aber zu den idyllisch und abseits der Hauptstraßen gelegenen Dörfern Parey und Gülpe, die ich mir ansehen möchte.

In Hohennauen passiere ich den Hohennauener See, bevor ich links in Richtung Parey abbiege. Hier lässt der Verkehr deutlich nach und gibt es auch erstmals die Möglichkeit direkt an das Havelufer heranzufahren.

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Unterwegs treffe ich auf eine nette Dame von der Naturwacht, die an einem Krötenzaun die Tiere der letzten Nacht einsammelt. Es sind überwiegend Knoblauchkröten (Pelobates fuscus) – eine der wenigen Krötenarten mit einer senkrecht stehenden Pupille, woran sie sich leicht erkennen lassen. Die markant gezeichneten Tiere ahnen nicht, dass Ihnen hier gerade das Leben gerettet wird, und haben sich mit Luft aufgeblasen, um eindrucksvoller zu wirken und vermeintliche Feinde abzuschrecken.

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Rund um Parey sind auf den teilweise überfluteten Feuchtwiesen zahlreiche Wasservögel zu sehen – vor allem Weißstörche, Graureiher und verschiedene Gänse- und Entenarten. Auch kreisende Rotmilane sind mit dem Fernglas gut zu beobachten, und sogar der seltene Schwarzstorch soll kürzlich gesichtet worden sein, wie mir ebenfalls die Naturwachtdame verrät.

Ein Betonplattenweg führt hinter Parey nun weiter in das 6 km entfernte Dorf Gülpe. Dort ist die Gülper Havel, ein Seitenarm der Haupthavel, bis zum Rand gefüllt und hat auch hier die angrenzenden Felder überflutet.

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Das 160-Einwohner-Dorf Gülpe gilt als der „dunkelste Ort Deutschlands“, was jedoch nicht despektierlich gemeint ist. Vielmehr handelt es sich um einen der letzten Orte in Deutschland, an dem sich nachts noch die Milchstraße und ein nahezu natürlich dunkler Sternenhimmel beobachten lassen. Ein beeindruckender Anblick, den ich persönlich nur aus abgelegenen Orten in Balkanländern kenne, und der sich in Mitteleuropa aufgrund der allgegenwärtigen Lichtverschmutzung sonst kaum noch erleben lässt. 2014 wurde das Westhavelland daher von der „International Dark Sky Association“ zum ersten deutschen Sternenpark ernannt.

Schließlich erreiche ich den Gülper See – ein großer, nur 1-2 Meter tiefer Flachwassersee, der als Vogelbrutgebiet komplett umzäunt und für den Bootsverkehr gesperrt ist. Am Südufer befinden sich zwei Beobachtungstürme und ein Wanderweg, von wo aus sich der gesamte See einsehen lässt. Ich bin allerdings ein wenig enttäuscht, denn viel zu sehen gibt es hier nicht. Auf den Uferwiesen sitzen nur wenige Schwäne und Gänse. Vermutlich bin ich zur falschen Tageszeit hier, denn auf dem Hinweg waren auf den Wiesen neben der Straße teilweise mehr Vögel zu sehen.

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Der letzte Abschnitt meiner Tour über die Orte Rhinow und Großderschau ist unspektakulär und führt wieder auf der Bundesstraße B102 entlang, die ich ab Rathenow schon genommen hatte. Highlights auf dieser Route sind eine Antikscheune in Altgarz und das landwirtschaftliche Freilichtmuseum Kolonistenhof Großderschau, in dem historische Landmaschinen ausgestellt sind und auch teilweise Vorführungen zu historischen Handwerkstechniken stattfinden.

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In Neustadt/Dosse besteige ich schließlich wieder den Regionalzug, der mich in einer Stunde nach Berlin zurückbringt.

Anreisetipp: Rathenow ist mit dem Regionalzug RE4 in einer Stunde ab Berlin zu erreichen, so wie auch Neustadt/Dosse mit dem RE2, so dass sich beide Bahnhöfe als Startpunkt für eine Tour eignen. Mit 23 km Entfernung liegt Gülpe aber etwas näher an Rathenow als an Neustadt/Dosse (24,5 km) und auch die Strecke ist etwas schöner.

Zurückgelegte Strecke: 61 km

2 Kommentare zu “Durch das Westhavelland zum Gülper See

  • August at 1:41
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    Hi, ich war auch im Mai am Gülper See. Es gibt dort drei Beobachtungshütte, zwei kleinere und eine größere, die liegt auch höher. Aber auf jeden Fall schien auch eher wenig loszusein. Aber wenn man dort mal eine Zeit ist, vielleicht ein Fernglas oder sogar ein Spektiv dabei hat, dann entdeckt man immer wieder was interessantes.
    Zugegeben, ich war dort mehrere Stunden in so einer Hütte und hatte Glück, dass jemand ebenfalls da war, der sich gut mit der Vogelwelt auskannte und mich gerne auf die Vögel hinwies und dann sah man tatsächlich einiges. Gänse und Enten, unterschiedliche Arten, Silberreiher, See- und Fischadler, Kibitze, Kraniche, Seeschwalben, sogar ein Schwarzstorch lies sich blicken, aber auch ein Waschbär und zwei Rotfüchse tauchten auf. Und natürlich noch einige kleinere Vögel.

    Alles in allem wirkte es auf den ersten Blick nicht spektakulär, aber wenn man sich Zeit nimmt und vielleicht noch jemanden hat, der sich mit den Vögeln auskennt, dann ist der Gülper See wohl zur jeder Jahreszeit ein Paradies um Tiere zu beobachten.

  • August at 13:57
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    Hallo Georg, vielen Dank für Deinen Kommentar! Das sind ja spektakulär viele Tiere, die Du dort beobachten konntest. Besonders um den Schwarzstorch beneide ich Dich, den habe ich in Deutschland bisher noch nirgendwo gesehen. Es scheint sich also zu lohnen, etwas mehr Zeit dort am See zu verbringen. Herzliche Grüße, Stefan

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